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aus dem Schwarzwälder Bote vom 13. Dezember 2001:

34 Jahre als Amtsbote in Täbingen unterwegs
Erwin Völkle wird heute verabschiedet

Rosenfeld-Täbingen. 34 Jahre lang war Erwin Völkle so etwas wie die wandelnde Nachrichtenbörse von Täbingen. Der groß gewachsene Mann und sein schwarzen Fahrrad gehörten beinahe ebenso wie die Kirche zum Ortsbild. Im Alter von 79 Jahren wird der Amtsbote heute nun verabschiedet.


Nach Abschluss der Volksschule half Erwin Völkle zunächst in der elterlichen Landwirtschaft. Ab 1941 war er Soldat und kehrte erst 1948 aus englischer Gefangenschaft nach Täbingen zurück.

Nach der Heirat seiner Nachbarin Anna Birk, führte er die Landwirtschaft seiner Eltern in der Löwenstraße weiter, ging aber auch nebenberuflich auf dem Bau arbeiten. Wegen einer schweren Krankheit musste er die Tätigkeit als Bauarbeiter beenden.

Als die Stelle des Amtsboten unter Bürgermeister Heinrich Trick frei wurde, bewarb sich der große Mann mit den lebendigen Augen. Gut kann er sich noch erinnern, dass er anfangs noch im Rathaus Feuer gemacht und den Gehweg gekehrt hatte, bevor er mit der Amtspost beziehungsweise für die amtlichen Bekanntmachungen seine Runde antrat. Die Glocke zum Ausläuten der Nachrichten war noch jahrelang auf dem Fahrrad mit dabei. "Schnell komm, d'r Schütz schellt d'Nachrichta aus", an Aussprüche wie diese kann sich Erwin Völkle ebenfalls noch erinnern. "Ja, der Amtsbote wurde hier in Täbingen immer Schütz genannt," erklärt er lachend.

Am Anfang, berichtet er weiter, sei es ihm nicht leicht gefallen, auszuschellen und die Bekanntmachungen, etwa wenn eine Kuh krankheitshalber geschlachtet werden musste, einfach so auszurufen. So hatte er sich diese Nachricht zunächst auf kleine DIN A5 Kartons notiert, um sie an den verschiedenen Stellen im Ort, richtig abgelesen, unters Volk zu bringen. Natürlich erledigte Völkle auch Botengänge in Sachen Amtspost. Er überbrachte später auch unter Täbingens Ortsvorsteher Willi Seemann und dessen Nachfolger Erhardt Sautter den Täbinger Bürgern Briefe, Lohnsteuerkarten, zog für den Notar Geld ein und war wegen des Wasserzinses von Haus zu Haus unterwegs. Selbst wenn er den Bürgern nicht immer freudige Nachrichten überbrachte, mit seiner freundlichen, heiteren Art war Völkle gerne gesehen. Nicht nur er überbrachte Post und Nachrichten, auch er wiederum erfuhr "was im Flecka gerade so los war".

Noch lange bleibt sowohl Täbinges ehemaligem Pfarrer Christoph Hoffmann-Richter, als auch Völkle die Begebenheit im Gedächtnis, als beide nacheinander mit dem Fahrrad zu einem Geburtstag in der Musel unterwegs waren. Der alte Amtsbote meisterte die eisglatte Steigung ohne Probleme, wohingegen der junge Pfarrer nach einem Sturz mit leicht veschmutzer Kleidung etwas später in der Tür erschien.

" Auch wenn das Essen schon auf dem Tisch stand", erklärt seine Frau Anna lachend," wenn es etwas auszutragen galt, machte er sich bei jedem Wetter sofort auf den Weg". Weder Schnee noch Sommerhitze hielten den gebürtigen Täbinger davon ab, sein altes Fahrrad zu besteigen. So war er auch im Juni unterwegs als ein Sturz wegen schwerer Herzrythmusstörungen seine Tätigkeit als Amtsbote beendete. Enkel Achim hat seither die amtlichen Botengänge übernommen. Jetzt, da die Stelle ausgeschrieben wurde, hofft Völkle natürlich, dass die von ihm heiß geliebte Tätigkeit, trotz weiterer Bewerber, in der Familie bleibt.

von Viola Krauss (sb)